Executive Summary: Ja.
Aber: In Zeiten des Fachkräftemangels verlieren zusätzliche Arbeitsplätze als Argument an Gewicht.

Das Thema Arbeitsplätze begegnet uns in vielen Kontexten: in Vergabeverfahren, in der Wirtschaftsförderung oder in politischen Diskussionen um Prioritäten.

Früher galt: Die Zahl der erwarteten Arbeits- und Ausbildungsplätze war das zentrale Kriterium bei der Vergabe knapper Gewerbeflächen. Heute erleben wir einen Paradigmenwechsel – die Politik bewertet neue Ansiedlungen zunehmend nach ihren erwartbaren Steuereinnahmen.

Die Finanzlage vieler Kommunen ist prekär, das Defizit wächst (vgl. Finanzreport 2025 der Bertelsmann-Stiftung). Bund und Länder versuchen gegenzusteuern, doch vieles bleibt unklar. Zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen – ob durch Bestandsunternehmen oder neue Steuerzahler – sind oft die einzige realistische Chance, kommunale Haushalte zu stabilisieren.

Weil diese Aufgabe übermächtig geworden ist, verdrängt das Argument der Steuereinnahmen zunehmend das klassische Arbeitsplatzargument.

Auch technologische Entwicklungen tragen dazu bei: Eine arbeitsmarktorientierte Sichtweise blendet gerade die leistungsfähigsten Unternehmen aus – jene, die besonders produktiv mit KI oder Automatisierung arbeiten. Rechenzentren etwa schaffen hohe Wertschöpfung bei geringem Flächenverbrauch – und nahezu ohne Arbeitsplätze.

Zugleich verändert sich das Selbstverständnis der Wirtschaftsförderung. Ihr Aufgabenfeld reicht heute von Bestandsmanagement über Digitalisierung und Klimaschutz bis zu Innovationsförderung und Fachkräftesicherung. Die Ressourcen bleiben knapp, und die Prioritätensetzung ist schwieriger geworden.

Lange galt der Erfolg von Wirtschaftsförderung als messbar an Beschäftigungszahlen. Heute rückt der Erhalt bestehender Arbeitsplätze stärker in den Fokus – etwa, wenn Unternehmen im Wandel stehen oder Nachfolgelösungen fehlen. Wirtschaftsförderung wird zur Vernetzerin und Impulsgeberin.

Gerade Regionen mit rückläufiger Erwerbsbevölkerung müssen sich auf Innovation und Technologie fokussieren, wenn sie wirtschaftlich wachsen wollen.

Fazit:
In der Ansiedlungspolitik verlieren neue Arbeitsplätze an Strahlkraft, während Steuereinnahmen als Hauptmotiv dominieren. Gleichzeitig gewinnt der Erhalt von Arbeitsplätzen in bestehenden Betrieben an Bedeutung.

Prof. Dr. Stefan Lennardt - Experte und Strategieberater für Wirtschaftsförderung und Standortmarketing

Prof. Dr. Stefan Lennardt

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