Die Dekarbonisierung der Energieversorgung ist aktuell die größte Herausforderung für die deutschen Stadtwerke und Energieversorger. Die Bundesregierung gibt im Klimaschutzgesetz verbindliche Rückgänge der CO2-Emissionen vor (-65 Prozent bis 2030 und -88 Prozent bis 2040) und hat beschlossen, dass die Energieversorgung bis 2045 vollständig klimaneutral sein soll.

Das bedeutet für Stadtwerke eine grundsätzliche Neuausrichtung: weg von fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Versorgungslösungen. Dies ist mit enormen Investitionen, Planungspflichten und Marktveränderungen verbunden. Das grundsätzliche Ziel der Klimaneutralität findet bei den meisten Stadtwerken Zustimmung. Die Umsetzung und die Finanzierung hingegen sind für viele ein Problem. Laut einer Umfrage von Deloitte halten 62 Prozent der befragten Stadtwerke, Netzbetreiber und Energieversorger unter den gegebenen Umständen eine Klimaneutralität bis 2045 für nicht realisierbar.

Sinkende Einnahmen und ansteigende Kosten

Viele lokale Energieversorger leiden schon jetzt unter finanziellen Engpässen und sind nicht mehr verschuldungsfähig. Erschwerend kommt hinzu:  Der Verkauf von fossilen Energieträgern, insbesondere Erdgas, ist bisher für die meisten die größte Einnahmequelle – und diese wird aller Voraussicht nach bis 2045 komplett versiegen. Sinkende Einnahmen und stark ansteigende Investitionskosten – vor allem in die Infrastruktur der kommunalen Wärmeversorgung und den Ausbau der Stromnetze – bringen viele Stadtwerke in eine finanzielle Schieflage, die sie aus eigener Kraft nicht bewältigen können.

Technologie und Speicherkapazitäten

Um die Energieversorgung in Deutschland komplett CO2-neutral zu gestalten, genügen gesellschaftliche Mehrheiten und der politische Wille nicht. Auch die nötige Technologie muss vorhanden und nutzbar sein. Es bedarf einen kontinuierlichen Ausbau der erneuerbaren Energien. Laut statistischem Bundesamt stammte 2024 59 Prozent des inländisch erzeugten und ins Netz eingespeisten Stroms erneuerbaren Energiequellen. Doch was, wenn mal die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht? Bislang reichen die Energiespeicherkapazitäten bei Weitem nicht aus und sind nicht wirtschaftlich genug. Um in 20 Jahren ganzjährig den gesamten Energiebedarf Deutschlands aus erneuerbaren Quellen zu decken, muss also noch viel passieren.

Zeitplan zu knapp?

Es gibt viele Stimmen, die den Zeitplan bis 2045 für unrealistisch halten. Angesichts der zu bewältigenden Herausforderungen ist diese Skepsis verständlich. Dennoch: ohne ambitionierte Ziele bewegt sich nichts. Laut Öko-Institut wird erwartet, dass Deutschland zumindest bis 2030 mit einer projizierten Emissionsminderung von knapp 64 Prozent die Ziele fast erreicht. Insbesondere im Energiesektor werden bis 2030 erhebliche Minderungen durch den Kohleausstieg und den Ausbau erneuerbarer Energien erwartet. Damit wäre die Energiewirtschaft ab dem Jahr 2027 nicht mehr die größte Emissionsquelle in Deutschland.

Die Energieversorgung bis 2045 klimaneutral zu gestalten ist ein enormer Kraftakt, das muss man klar so sagen. Dieser Weg ist aber nicht nur aus umwelt- und klimapolitischer Perspektive richtig, er steckt auch voller ökonomischer Chancen und neuer Geschäftsfelder. Der Ausbau von Wind-, Solar-, Wasserstoff- und Speichertechnologien schafft hunderttausende Jobs, z. B. in Installation, Wartung und Forschung. Wer früh dran ist, kann so auch Innovations- und Exportvorteile generieren. Auf der anderen Seite lassen sich durch Importunabhängigkeit und eine gesteigerte Energieeffizienz Kosten senken. Und im besten Fall führt die Klimaneutralität auch dazu, dass Kosten und Risiken durch Klimaschäden minimiert werden. Klimaneutralität ist also nicht nur ein ökologisches Muss, sondern auch ein ökonomisches Modernisierungsprogramm. Und wenn wir alle die Transformation vorantreiben, können wir dieses Ziel auch erreichen.

LukasDrolshagen

Lukas Drolshagen

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